Laut einer Studie des Ifo-Instituts hat ein Elektroauto eine deutlich schlechtere CO2 Bilanz als ein Diesel. Die erschreckende Botschaft: Das Elektroauto ist ein Rückschritt gegenüber dem „modernen Diesel“. Dieser Befund steht bisher auf verloren Posten – doch wie viel Wahrheit steckt in dieser Studie? Oder gilt wie so oft: Glaube nur Studien die du selbst gefälscht hast?!
Kohlemotoren, Windmotoren und Dieselmotoren: Was zeigt die CO2-Bilanz?
Die Studie trägt den Titel: „Kohlemotoren, Windmotoren und Dieselmotoren: Was zeigt die CO2-Bilanz?“ und untersucht aufgrund offizieller Messdaten die zwei Mittelklasseautos Mercedes C 220 d und Tesla Model 3 bezüglich ihres Verbrauchs an Diesel bzw. Strom. Dabei wurden laut Studie „alternative marginale Energiequellen für den Strom sowie der tatsächliche Strommix Deutschlands aus dem Jahr 2018 zugrunde gelegt. Ferner wird eine Metastudie für den CO2-Ausstoß bei der Batteriefertigung berücksichtigt.“
Das Fazit – erschreckend: „Es zeigt sich, dass der CO2-Ausstoß des Elektromotors im günstigen Fall um etwa ein Zehntel und im ungünstigen Fall um ein gutes Viertel über dem Ausstoß des Dieselmotors liegt.“ Doch stimmt das so?
Andere Studien bescheinigen weniger CO2-Ausstoß
Interessanterweise war das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung vor Kurzem zu einem
genau entgegengesetzten Ergebnis gekommen. Die Ergebnisse zeigten für alle drei getesteten Fahrzeugklassen und alle unterstellten Szenarien eine sehr deutlich positive Treibhausgasemissionsbilanz-Gesamtbilanz von Elektrofahrzeugen. Das Fraunhofer ISI stellte fest, dass im Worst-Case (die Nutzung des deutschen Strommixes wurde unterstellt) die THG-Einsparungen im ungünstigsten Fall beim Vergleich mit einem Kleinwagen-Diesel 5 t COeq, im günstigsten Fall gegenüber einem OberklassenBenziner 23 t betrugen. In Prozenten wären das, „bis zu 28 Prozent weniger Treibhausgasemissionen als ein Oberklasse-Diesel, bis zu 42 Prozent weniger als ein Kleinwagen-Benziner“.
Ab wann lohnt sich das eAuto?
Bei Klein- und Mittelkassenfahrzeugen zeigte die Studie, dass die THG-Bilanzen spätestens nach zwei bis drei Jahren positiv, d. h. die höheren THG-Emissionen aus der Fahrzeugproduktion kompensiert wurden. Bei Oberklasse Wagen beträgt die Zeit zwischen drei und sechs Jahren. Das Frauenhofer stellte fest, „Die Ergebnisse sind sehr robust. Nur wenn man extremere Annahmen trifft, z. B.sehr hohe Batteriekapazitäten mit geringer jährlicher Laufleistung und lediglich eine geringe Verbesserung des deutschen Strommixes zugrunde legt, kippt die Bilanz.“ Doch woher kamen dann die Ergebnisse der Studie des Ökonoms Hans-Werner Sinn?
Grundlage der Ifo-Studie
Sinn und das Ifo-Institut haben ihren Berechnungen dem NEFZ-Modell zugrundegelegt. Viele meiner Leser wissen, dass dieses Model wenig mit der Realität zu tun hat und moderne Studien eher mit den Standards WLTP oder EPA rechnen sollten. Im konkreten Fall der Ifo-Studie zeigt der EPA Wert deutliche Unterschiede. Der reale Verbrauch des Model 3 liegt laut EPA bei 16.3kWh, 8% über dem NEFZ-Wert von 15. Der reale Verbrauch des MB C 220d liegt jedoch 45% über dem NEZF-Wert von 4.5L.
Batterie Lebensdauer
Auch die angenommen Werte der Batterie-Lebensdauer halten einer genaueren Betrachtung von Experten nicht stand. Hierzu haben Experten sich bereits geäußert und angegeben, dass die angebliche Lebensdauer eines Tesla-Akkus um den Faktor 10 zu niedrig angesetzt wurde. Sinn geht von einer Lebensdauer der Batterie von 150.000 km aus. Gerade erst äußerste sich Elon Musk zur der Langlebigkeit des Model 3. Der CEO gab an, dass die Karosserie- und Antriebseinheit eines Model 3 bis zu 1,6 Million Kilometer halten können, während die
Batterie bis zu 800.000 Kilometern überdauern soll. Frühe Daten über die Reduktion der Leistung der Tesla-Batterien zeigen, dass die Energiekapazität nach über 255.000 Kilometern um weniger als 10% reduziert wurde.
Sven Bauer, Chef des Akkuherstellers BMZ hatte den Akku eines Tesla Model 3 zerlegt und so oft ge- und ganz entladen, bis er kaputt war. Bauer schaffte in seinen empirischen Versuchen 3000 Komplettladezyklen, keine 300 Ladezyklen wie Sinn es annimmt. (WirtschaftsWoche) Ein deutlicher Unterschied zwischen Studienannahme und der Realität.
Ersatzmodule
Ebenfalls wurde nicht betrachtet, dass man beim Tesla Model 3 kein ganzes Akkupack ersetzen muss, sondern Ersatzmodule für zwischen 5.000 und 7.000 Dollar erwerben kann. Tesla hat das Model 3 so entwickelt, dass man den Austausch von Batteriemodulen vornehmen kann, anstatt das gesamte Batteriepack zu wechseln. Im Gegensatz zu der Akkupackarchitektur der Modelle Model S und Model X, die aus vielen Batteriemodulen (bis zu 16) bestehen, besteht die Akkupackarchitektur des Model 3 aus nur 4 Batteriemodulen.
Stromspeicher
Die Anwendung als Stromspeicher für ausgesorgte eAutobatterien fand auch keine Betrachtung in der Studie.
Fazit
Ja, der Satz gilt: glaube keiner Studie die du nicht selbst gefälscht hast! Die Betrachtung des renommierten IFO-Insituts mit seinem langjährigen Leiter Hans-Werner Sinn lässt einige Fragezeichen offen. Ich finde es erschreckend, dass offensichtlich objektive Studien von renommierten Instituten einfach so verbreitet werden. Setzt man sich nicht kritisch mit solch einer Studie auseinander, kann ein fehlgeleiteter Eindruck entstehen. Glücklicherweise haben einige Experten schnell auf die Ergebnisse reagiert und sie kritisch erläutert.