„BMW, VW und Mercedes können mit Tesla nicht mithalten.“ Diese Aussage traf letztens mein Kollege aus Chicago als wir uns über die eMobilität unterhalten haben. Er meinte, dass die Deutschen in Sachen Reichweite und Technologie Tesla immer noch nicht das Wasser reichen können. Doch wie ist der tatsächliche derzeitige Stand? Sind wir immer noch abgeschlagen auf dem letzten Platz oder passiert langsam etwas in diesem Land?!

Danke Tesla!

In einem neuen Spezialreport von Consumer Reports wird auf das explosive Wachstum dank des Model 3 hingewiesen. Tesla hat viele Hersteller in Zugzwang gebracht. Wurden 2010 2.000 Elektroautos verkauft ist man in 2018 schon bei 230.000. Laut IHS Markit wollen 2025 schon rund acht Prozent der Neuwagenkäufer ein Elektroauto kaufen. Eine tolle Tendenz und der Dank gilt Tesla!

Die Karten werden in den nächsten Jahren neu gemischt und die Weichen werden heute gestellt. Tesla hat mit dem Model 3 eine große Aufgabe angegangen und kämpft weiter gegen Probleme auf dem Weg zum Massenhersteller, besonders auf der finanziellen Seite. Die Aktie ist im Laufe des letztens Jahres auf 330€ (Anfang 2019) angestiegen, aber auch auf 162€ (Juni 2019) gefallen. Derzeit liegt die Aktie bei 200€ und man scheint sich von der Talfahrt erholt zu haben, doch kann man den Kurs stabil halten? Dafür muss man Liefern!

Zulassungszahlen

Im Juli wurden in Deutschland 332.788 PKW neu zugelassen. 21.560 Neuwagen hatten einen Hybridantrieb und 5963 Neuzulassungen hatten einen reinen Elektroantrieb. 136,1 Prozent mehr als im Vergleichsmonat ein Jahr zuvor.

Tesla verliert Top 3 Position

Doch das Tesla Model 3 sucht man im Juli vergebens auf Platz 1 oder in den Top 3 der Zulassungen in Deutschland. Nur auf Platz fünf liegt das derzeitige Vorzeigeobjekt der Kalifornier. An der Spitze des Rankings hat sich E-Golf von VW platziert, der knapp 17% aller verkauften eAutos ausmacht. Knapp dahinter ist der BMW i3 (961) und der Renault Zoe (910). Der Audi E-Tron überholt das Model 3 mit 530 Neuzulassungen gegenüber 454 Neuzulassungen. Tesla hatte im Juni noch mehr als doppelt so viele Fahrzeuge zugelassen – Was ist passiert?

Probleme bei Tesla

Die Reduzierung der Neuzulassungen dürfte an den anhaltenden Schwankungen bei der Produktion und Lieferung liegen. Musks ambitioniertes Ziel von 360.000 bis 400.000 Auslieferungen im Gesamtjahr 2019 muss in der zweiten Hälfte des Jahres geschafft werden. Im ersten Halbjahr verkaufte man „nur“ 160.000 Autos. Im Quartal 2 2019 erwirtschaftete Tesla 6.349 Milliarden US-Dollar Umsatz und einen Verlust von 1,12 US-Dollar pro Aktie. Eine Verbesserung zum Q1, indem man 4,5 Milliarden US-Dollar Umsatz und einem Verlust von 4,10 US-Dollar pro Aktie erwirtschaftete. Jedoch muss man weiterhin an die Bargeld und Bargeldäquivalenten aus Kapitelerhöhungen & Co im Wert von etwa 5 Milliarden gehen, um das Unternehmen liquide zu halten.

Vergleich zu den dt. Herstellern

Können die deutschen Hersteller den Kalifornier bereits das Wasser reichen? Diplomatisch gesagt, es kommt drauf an. Und zwar auf den Bereich in dem man Tesla und unsere Hersteller vergleicht.

Qualität und Service

In der Verarbeitung hat Tesla große Probleme und auch der Service wird von Kunden immer öfter bemängelt. Die größe eAuto Vermietung NextMove stornierte einen Großauftrag aus dem Frühjahr 2019 nachdem laut eigener Aussagen nur jedes vierte Neufahrzeug ohne Mängel gewesen war und einzelne Fahrzeuge sogar nicht verkehrstüchtig gewesen sein sollen. Die Mängelliste erstreckte sich über defekte Reifen, Lack- und Karosserieschäden, aber auch defekte Laderegler oder falsche Kabelbäume.

Werte in Zukunft

Focus Online und das Beratungsinstitut Bähr & Fess Forecast gaben vor Kurzem eine Restwertprognose für die aktuellen eAutos aus. Für den Verkauf eines Model 3 im Jahr 2023 prognostizieren die Experten einen Restwert von 54 Prozent. Der Opel Ampera-e und der BMW i3 liegen auf Platz 2 und 3 mit Werten um 43%. Also steht es doch nicht so schlimm um die Qualität des Model 3 oder was macht den Zukunftswert aus?

Die Lebensdauer des Model 3 soll wie bei einem gewerblichen Lkw sein. Elon Musk gab an, dass die Karosserie- und Antriebseinheit eines Model 3 bis zu 1,6 Million Kilometer halten können, während die Batterie bis zu 800.000 Kilometern überdauern soll.

Die Zukunft könnte sogar noch mehr bereithalten. Musk ist überzeugt, dass seine Fahrzeuge durch ihre Selbstfahrfähigkeit Vermögenswerte bilden werden. Musk will unter dem Namen Tesla Network die Fahrzeuge zu Umsatz generierenden Vermögenswerten werden lassen, wenn diese sich in autonomen Flotten bewegen.

Reichweite & Akku

Besonders auf diesen Punkt spielte mein Kollege an. Die Reichweiten der dt. Hersteller seien nahezu lächerlich. Der BMW i3, der Nissan Leaf und der eGolf spielen in der untersten Liga mit Reichweiten zwischen 300-380 km. Der 2020 geplante BMW iX3, der VW ID.3 , zwei Kia (e-Soul / e-Niro) sowie der Mercedes EQC liegen bei 400-450 km. Wer längere Strecken zwischen 470 und 520 km zurück legen will muss sich einen Hyundai Kona, den I-Pace oder den Opel Ampera-e zulegen. Tesla führt die Liste klar an. Hier kann man Reichweiten zwischen 560 und 600 km erwarten; natürlich bei allen Herstellern mit den größten verfügbaren Akkupaketen und unter idealer Fahrweise.

Tesla ist es bereits gelungen, den Anteil des Metalls Kobalt in den Batterien erheblich zu verringern. Aus Labor-Analysen, geht hervor, dass die Lithium-Ionen-Zellen den knappen Konfliktrohstoff in geringeren Anteilen enthalten. Laut Insidern hat man den Anteil bei den Kaliforniern auf 2,8 Prozent reduziert, die Batterien des Großserien-Elektroautos VW I.D. enthalten im Vergleich 12 bis 14 Prozent des Konfliktrohstoffs.

Autopilot

Neben dem Elektroantrieb treibt Tesla mit dem „Autopilot“ sein Programm für Autonomes Fahren voran. Der Vorsprung zu anderen begründen einige Experten damit, dass der Pionier konsequent auf Software statt auf leistungsfähigere Hardware setzt und stetig Daten sammelt. Viele Funktionen von Tesla werden erst später im Rahmen von Software-Updates freigeschaltet. Jedoch sind die Fahrzeuge bereits mit Hard- und Software für autonomes Fahren, wie Kameras, Ultraschallsensoren und Radar, ausgestattet und man identifiziert bereits mögliche Risiken und Optimierungspotentiale. Aber auch die deutschen Automobilhersteller gehen mit der Zeit und so bietet beispielsweise der aktuelle Audi A8 bereits das autonome Fahrlevel 3.

Fazit

Leider hat mein Kollege bei manchen Gesichtspunkten Recht. Wer führt das Zeitalter an? Es ist immer noch Tesla, aber die deutschen Hersteller holen auf. So konnten wir schon immer mit Qualität, Design (der BMW i3 ist ausgenommen) und Service punkten. Bezüglich der Batterietechnologie, der Reichweite und dem Thema Autopilot kann Tesla jedoch immer noch einen Vorsprung aufweisen. Tesla hat vieles von Anfang an richtig gemacht und sich mit Partnerschaften, bspw. mit Panasonic und dem Sammeln von Daten für den Autopiloten einen Vorsprung erarbeitet.